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BGH-Urteil 2025/2026: Mieterstrom bleibt möglich – politische Klarstellung

Veröffentlicht

2.12.2025

Aktualisiert

3.12.2025

Autor

Stella Pudor

Das Wichtigste in Kürze:

  • BGH Urteil im Mai 2025: Kundenanlagen dürfen nach EU-Recht nur eng ausgelegt werden.
  • Klassischer Mieterstrom in einem Gebäude bleibt weiterhin möglich.
  • Neu im November 2025: Übergangsregelung schützt bestehende Projekte bis mindestens 2028.
  • Betreiber*innen müssen dadurch keine kurzfristigen Umstellungen oder Stilllegungen befürchten.
  • Ausblick 2026: Politik plant klarere gesetzliche Definitionen (z. B. „Hausverteileranlage“) für mehr Rechtssicherheit bei neuen Projekten.
  • Energy Sharing: Durch EnWG-Novelle soll Energy Sharing voraussichtlich ab Juli 2026 möglich sein

Überblick: BGH-Urteil und neue Entwicklungen

Das BGH-Urteil vom 13. Mai 2025 beschäftigt die Mieterstrombranche weiterhin. Es hat deutlich gemacht, dass der Begriff der Kundenanlage europarechtskonform auszulegen ist und im verhandelten Fall keine Kundenanlage, sondern ein reguliertes Netz vorlag.

Gleichzeitig hat sich die politische Lage im November weiter zugespitzt und nun auch geklärt. Der Bundesrat hat die Kundenanlagenregelung heute passieren lassen. Obwohl die EnWG-Novelle ein Einspruchsgesetz ist, wurde kein Vermittlungsausschuss angerufen. Damit ist die Novelle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gesetzt.

Wichtig ist: Für Bestandsanlagen entsteht eine drei­jährige Karenz, sie bleiben zunächst von Regulierungsverpflichtungen und wirtschaftlichen Nachteilen befreit. Eine endgültige, dauerhafte Sicherheit, insbesondere für neue Mieterstromprojekte, schafft die Novelle jedoch noch nicht. Aber: Es gibt weiterhin starke Argumente, dass der unregulierte Bereich auch europarechtlich Bestand haben kann.

Unsere Kernbotschaft bleibt und sie wurde durch die aktuellen Entwicklungen sogar gestärkt:

  • Mieterstrom ist möglich.
  • Klassische Projekte innerhalb eines Gebäudes bleiben zulässig.
  • Durch die politische Beschlusslage entsteht erstmals echte Klarheit.

Was der BGH entschieden hat und was nicht

Der BGH hat ein spezifisches Projekt mit mehreren Grundstücken nicht mehr als Kundenanlage eingestuft. Das bedeutet nicht, dass klassische Mieterstrommodelle infrage stehen. Was weiterhin gilt:

  • Ein Gebäude, ein Netzanschluss, PV auf dem Dach → bleibt Kundenanlage
  • Kein Verbot von Mieterstrom
  • Keine Aussage zu typischen Gebäudekonstellationen → genau hier entstand die viel diskutierte Grauzone

Einige Netzbetreiber nutzten diese Unsicherheit zunächst für Verzögerungen, trotz faktisch unveränderter Rechtslage.

Praxisbeispiel: Berliner Projektstopp als Warnsignal

Auch wir waren betroffen: Ein großes Berliner Projekt (123 Gebäude, Einzelgebäude-Mieterstrom) wurde durch den Netzbetreiber blockiert, mit Verweis auf das BGH-Urteil. Erst nach Einschaltung der Bundesnetzagentur und der Androhung eines Missbrauchsverfahrens wurde der Stopp aufgehoben. Unser Fazit: Selbst eindeutige Fälle können ohne klare Rahmenbedingungen ins Stocken geraten – kleinere Anbieter könnten solche Verfahren kaum stemmen.

Update 26. August 2025 – Netzbetreiber bestätigt klassische Mieterstrom-Modelle

Stromnetz Berlin stellte öffentlich klar:
✔ Projekte innerhalb eines Gebäudes oder Grundstücks gelten weiter als Kundenanlage
✔ Keine Gefahr für klassische Mieterstromprojekte
✘ Quartierslösungen mit mehreren Gebäuden werden weiterhin als Verteilernetze eingestuft

Das war der erste wichtige Schritt, aber noch nicht ausreichend.

BGH Urteil Kundenanlage 2025: Grafik Aufbau eines klassischen Mieterstrom-Modells | metergrid

NEU: Politische Beschlüsse schaffen echte Klarheit (November 2025)

Mit der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses (Drucksache 21/2793) liegt jetzt erstmals eine verbindliche politische Interpretation vor. Und diese enthält zwei entscheidende Punkte:

Zentrale Klarstellung: Gebäudeinstallationen sind keine Netze

Wörtlich heißt es:

„Weiterhin wird davon ausgegangen, dass Versorgungsanlagen innerhalb eines Gebäudes kein Netz darstellen und deshalb weiterhin als Kundenanlagen gelten können. Darunter sind elektrische Anlagen im Sinne einer Hausinstallation zu verstehen.“

Damit ist klargestellt, was die Branche seit Monaten fordert: Der typische Mieterstrom innerhalb eines Gebäudes ist weiterhin rechtssicher. Die BGH-Entscheidung ändert daran nichts. Das ist die stärkste politische Aussage seit dem Urteil und de facto die Bestätigung klassischer Mieterstromkonzepte.

§118 Abs. 7 EnWG – Übergangsfrist & klarer Auftrag an die Bundesregierung

Die Übergangsregelung schafft drei Jahre zusätzliche Rechtssicherheit. Noch wichtiger: Die Bundesregierung muss innerhalb dieser Zeit eine dauerhaft unionsrechtskonforme Lösung vorlegen. Der Auftrag lautet, die Spielräume des EU-Rechts maximal auszuschöpfen.  Das deckt sich auch mit der Einschätzung unseres Regulatory Experts Pascal Stephan:

„Mit §118 Abs. 7 wurde vor allem Zeit gekauft, um endlich eine langfristige, rechtssichere Lösung zu entwickeln. Gleichzeitig ist der politische Wille klar erkennbar, die Spielräume des EU-Rechts maximal auszunutzen.“

Was bedeutet das jetzt für die Branche?

Die Lage ist heute klarer als unmittelbar nach dem BGH-Urteil:
✔ Klassische Mieterstromprojekte sind sicher
✔ Politik & Gesetzgeber bekennen sich klar zur Kundenanlage
✔ Die Neuregelung wird voraussichtlich dazu führen, dass die bisherige Auslegung des EuGH- bzw. BGH-Urteils wieder weiter gefasst wird.
✔ Neue Stromsteuerregeln unterstützen Speicher & neue Geschäftsmodelle
✔ Bundesrat hat die Novelle passieren lassen → gesetzgeberisch quasi final

Unsere Einschätzung bei metergrid

Wir bleiben bei unserer Botschaft – jetzt mit noch stärkerer Grundlage: Mieterstrom bleibt möglich, sicher und politisch gewollt. Aber: Damit Netzbetreiber nicht erneut Unsicherheiten ausnutzen können, müssen die verbleibenden Grauzonen geschlossen werden. Deshalb sind wir weiterhin im Austausch mit der Politik, in enger Abstimmung mit Verbänden und im Dialog mit Netzbetreibern.

Unser Ziel: verlässliche, zukunftssichere Rahmenbedingungen für Mieterstrom und ein echter Durchbruch bei Energy Sharing und Gebäudestrommodellen.

Unser Versprechen

Wir sorgen dafür, dass Mieterstromprojekte auch in einem komplexen regulatorischen Umfeld: stabil, wirtschaftlich, rechtssicher und zukunftsfähig umgesetzt werden. Wir begleiten unsere Partner und Kunden von Planung bis Betrieb und halten ihnen im regulatorischen Prozess den Rücken frei. Mieterstrom bleibt möglich. Und wir sorgen dafür, dass er Realität bleibt.

Ausblick 2026: Energy Sharing setzt neue Impulse – Umsetzung wird Schritt für Schritt Realität

2026 wird ein wichtiges Jahr für die Weiterentwicklung dezentraler Energiekonzepte. Mit den neuen gesetzlichen Grundlagen rückt Energy Sharing erstmals greifbar in den Markt. Die Erwartungen sind hoch und zurecht: Energy Sharing kann Quartiere, Nachbarschaften und Gewerbestandorte energetisch neu denken und gemeinschaftliche Versorgung auf ein völlig neues Niveau heben. Gleichzeitig gilt: Zwischen politischer Einführung und flächendeckbarer Umsetzung liegt erfahrungsgemäß ein längerer Weg. Das zeigte sich bereits bei früheren Reformen, wie die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, bei denen zunächst marktweite Prozesse, Rollenmodelle, technische Standards und Abrechnungslogiken entwickelt werden mussten, bevor Projekte wirklich reibungslos funktionierten. Auch 2026 wird daher geprägt sein von:

  • Ersten praktischen Anwendungsfällen, die Standards und Erfahrungswerte schaffen
  • Aufbauarbeit bei Netzbetreibern, Lieferanten und Messstellenbetreibern, da neue Marktkommunikations- und Abrechnungsprozesse entstehen müssen
  • technischen Weiterentwicklungen, um Verbrauch, Erzeugung und gemeinschaftliche Nutzung passgenau zu verknüpfen
  • schrittweiser Professionalisierung, bis Energy Sharing breit skalierbar wird
BGH-Urteil Kundenlage und Ausblick EnWG-Novelle 2026 Aufbau eines Energy-Sharing Modells im Sinne on Mieterstrom | metergrid

Die gute Nachricht: Die Richtung stimmt eindeutig. Die regulatorischen Grundlagen sind gelegt, und das Marktumfeld entwickelt sich zunehmend hin zu flexibleren, gemeinschaftlichen Stromnutzungsmodellen.

Unser Fazit für 2026: Energy Sharing wird kommen und es kommt mit Rückenwind. Doch der Weg in die Praxis erfolgt in Etappen. Die Branche baut jetzt die Prozesse auf, die in den kommenden Jahren eine stabile, skalierbare Umsetzung ermöglichen. metergrid gestaltet diesen Weg aktiv und eindeutig mit: durch klare Prozessarchitekturen, Umsetzungsleitfäden, frühzeitige Abstimmung mit Netzbetreibern und die Begleitung von Pilotprojekten. So wird Energy Sharing von der gesetzlichen Idee zur funktionierenden Realität.

Häufige Fragen:

as bedeutet das BGH-Urteil 2025 für Mieterstromprojekte?

Das BGH-Urteil vom Mai 2025 stellt klar, dass die Auslegung des Begriffs Kundenanlage europarechtskonform erfolgen muss. Es bezieht sich jedoch auf ein Sonderprojekt mit mehreren Grundstücken – nicht auf klassische Mieterstrommodelle.
Wichtig: Mieterstrom innerhalb eines Gebäudes bleibt weiterhin zulässig und rechtssicher. Das Urteil stellt kein Verbot von Mieterstrom dar und betrifft typische Ein-Gebäude-Konstellationen nicht.

Sind Mieterstromprojekte nach der EnWG-Novelle weiterhin rechtssicher?

Ja. Die EnWG-Novelle und die politische Klarstellung im November 2025 stellen ausdrücklich fest, dass Gebäudeinstallationen keine Netze sind. Damit bleiben klassische Mieterstrommodelle eindeutig Kundenanlagen. Für Bestandsanlagen gilt zusätzlich eine dreijährige Übergangsfrist, die zusätzliche Sicherheit bietet. Neue Projekte profitieren ebenfalls von einer klaren politischen Linie zugunsten von Mieterstrom.

Was wurde politisch zur Kundenanlage klargestellt?

Die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses bestätigt erstmals verbindlich:

Elektrische Anlagen innerhalb eines Gebäudes gelten nicht als Netz und können als Kundenanlage betrieben werden. Damit folgt die Politik der langjährigen Auslegung der Branche und schafft „de facto“ die Rückkehr zu Planungssicherheit, besonders für PV-Anlagen auf Mehrfamilienhäusern und Mieterstromkonzepte.

Welche Auswirkungen hat die Übergangsregelung (§118 Abs. 7 EnWG) für Betreiber?

Die Übergangsregelung schützt Betreiber von Bestandsanlagen für drei Jahre vor regulatorischen Pflichten und wirtschaftlichen Nachteilen. Gleichzeitig verpflichtet sie die Bundesregierung, innerhalb dieser Zeit eine dauerhafte, unionsrechtskonforme Lösung zu schaffen. Für Projektentwickler bedeutet das: Planungssicherheit bleibt bestehen, und die regulatorische Weiterentwicklung wird aktiv politisch begleitet.

Welche Rolle spielt Energy Sharing ab 2026 für die Wohnungswirtschaft?

Ab 2026 wird Energy Sharing zunehmend relevant: Es ermöglicht die gemeinschaftliche Nutzung lokal erzeugten Stroms innerhalb von Quartieren, Nachbarschaften oder Gewerbestandorten. Die gesetzlichen Grundlagen sind gelegt, aber die Umsetzung erfolgt schrittweise, da neue Prozesse, Abrechnungslogiken und technische Standards entstehen müssen. Für die Wohnungswirtschaft eröffnet Energy Sharing ab 2026 zusätzliche Geschäftsmodelle, mehr Mieterbeteiligung an der Energiewende und langfristig Portfolio-Vorteile.

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