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Energy Sharing ab 2026: Chancen und Herausforderungen für die Energiewende im Detail

Veröffentlicht

18.12.2025

Aktualisiert

18.12.2025

Autor

Stella Pudor

Das Wichtigste in Kürze

  • Ab 2026 ermöglicht § 42c EnWG erstmals Energy Sharing als dezentrale Energielösung über Gebäude, Quartiere und Communities hinweg.
  • Das Modell verspricht niedrigere Stromkosten, höhere PV-Nutzung, mehr Beteiligung und eine dezentrale Energieversorgung.
  • Die Umsetzung braucht Zeit: fehlende Messinfrastruktur, neue Prozesse und unterschiedliche Netzbetreiber bremsen den Start.
  • 2026 sind vor allem Pilotprojekte zu erwarten; ein breiter Rollout gilt erst ab etwa 2029 als realistisch.
  • Entscheidend sind die Netzentgelte: Ohne Reduktionen für lokal genutzten Strom droht Energy Sharing unwirtschaftlich zu bleiben.

Der Überblick: Chancen und Herausforderungen von Energy Sharing

Energy Sharing gilt neben dem Mieterstrom als einer der wichtigsten Bausteine der Energiewende ab 2026. Mit der Umsetzung der EU-Strommarktrichtlinie und der Einführung des neuen § 42c EnWG entsteht erstmals ein rechtlicher Rahmen, der es Nachbarschaften, Quartieren, Gebäuden und gemeinschaftlichen Projekten erlaubt, erneuerbaren Strom miteinander zu teilen, und zwar unabhängig von Mieterstrom oder klassischen Eigenversorgungsmodellen.

Das Modell eröffnet enorme Möglichkeiten: niedrigere Stromkosten, höhere Nutzung von lokalem PV-Strom, mehr Beteiligung für Bürgerinnen und Bürger und eine stabilere, dezentrale Energieinfrastruktur. Doch während die Theorie auf EU-Ebene bereits klar definiert ist, zeigt die Praxis, ähnlich wie bei der GGV (gemeinschaftliche Gebäudestromversorgung): Der Weg zur funktionierenden Umsetzung wird deutlich länger sein, als der Gesetzestext vermuten lässt. Diese Einschätzung teilen viele Marktakteure. Auch unsere Erfahrung aus der Praxis in der Arbeit mit Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und Energieversorgern zeigt deutlich: Die technische, regulatorische und prozessuale Umsetzung von Energy Sharing wird ein mehrjähriger Transformationsprozess.

Grafik Energy Sharing Modell-Darstellung. Energy Sharing Community, PV Erzeugung mit gemeinschaftlicher Nutzung - Copyright: metergrid

Was ist Energy Sharing und warum ist es ein Gamechanger?

Energy Sharing ermöglicht es mehreren Letztverbrauchern, gemeinsam den Strom einer oder mehrerer erneuerbarer Erzeugungsanlagen zu nutzen. Anders als beim klassischen Mieterstrommodell ist Energy Sharing:

  • netzgelagert (keine Kundenanlage notwendig)
  • gruppenbasiert (Teilnehmer = “Energy-Sharing-Community”)
  • bilanzierungsfähig über Smart Meter Gateways
  • flexibel – ein Gebäude, ein Quartier oder mehrere Gebäude in einem Netzgebiet und ab dem 01.06.2026 auch umliegende benachbarte Netzgebiete
  • rechtsverbindlich über gemeinsame Verbrauchszuordnung

Damit wird es möglich, PV-Strom zwischen Gebäuden zu teilen, wie es das untenstehende Messkonzept zeigt: Die Abrechnungsmethodik z. B. “PV-Nutzung Gebäude 1”, “PV-Nutzung Gebäude 2 (Energy Sharing)”, Überschusseinspeisung über Z1L, macht deutlich: Energy Sharing setzt auf intelligente Messsysteme, klare Zuordnungsregeln und automatisierte Datenprozesse.

Grafik Energy Sharing Modelle und Anwendungsfälle: gebäudeübergreifend, Quartier, Ergänzung zu Mieterstrom. Copyright: metergrid

Das eröffnet neue Modelle, etwa:

1. Gebäudeübergreifende PV-Gemeinschaften

PV-Anlage auf Gebäude 1, Nutzung in Gebäude 1 und Gebäude 2 – ohne Kundenanlage, ohne Sondernetze.

2. Quartiersstrommodelle

PV-Dachflächen werden gemeinsam bewirtschaftet, Strom fließt bilanziell zu teilnehmenden Haushalten.

3. Ergänzung zu Mieterstrom

Energy Sharing könnte Mieterstrom erweitern, besonders dort, wo MK D3 oder D4-Messkonzepte nicht oder nur eingeschränkt umgesetzt werden können. Des Weiteren kann Energy Sharing speziell da eingesetzt werden, wo die Kundenanlage durch das BGH Urteil an die Grenzen kommt. 

Warum Energy Sharing zum Start 2026 noch nicht reibungslos funktionieren wird

Auf dem Papier ist Energy Sharing ab 01.06.2026 möglich. In der Realität stehen mehrere  technische, regulatorische und organisatorische Herausforderungen an.

1. Mess- und Dateninfrastruktur muss zuerst vollständig aufgebaut werden

Energy Sharing basiert vollständig auf:

  • Smart-Meter-Gateways
  • viertelstündlicher Messwertübermittlung
  • automatisierter Verbrauchszuordnung
  • synchronen Bilanzierungsprozessen

Die Praxis zeigt jedoch: Der Rollout ist noch nicht flächendeckend abgeschlossen. 

technische Grafik: Energy Sharing Messkonzepte und Funktionsweise

2. Die Stakeholder müssen Prozesse erst entwickeln

Energy Sharing erfordert neue oder angepasste Prozesse bei: Verteilnetzbetreibern, Messstellenbetreibern, Lieferanten / Bilanzkreisverantwortlichen, Abrechnungsdienstleistern, Energie-Communities selbst.

Die Erfahrung aus der GGV zeigt: Selbst wenn der rechtliche Rahmen steht, dauert die praktische Implementierung oft Monate oder sogar Jahre.

Die Prozessdichte steigt massiv: Neue Bilanzierungsmechanismen, automatisierte PV-Zuordnung, monatliche Abgleichprozesse, Teilnehmerwechsel, etc. Viele dieser Abläufe existieren heute schlicht noch nicht.

3. Heterogene Netzbetreiberlandschaft

Wie bereits beim Thema Messkonzept MK D3; D4 oder GGV deutlich wurde, unterscheiden sich die Fähigkeiten und Prioritäten der Netzbetreiber stark. Einige werden Energy Sharing früh anbieten. Andere benötigen:

  • neue Systeme
  • zusätzliche Mitarbeiter
  • komplexe IT-Schnittstellen
  • interne Prozessanpassungen

Die Folge: Energy Sharing wird regional unterschiedlich schnell verfügbar sein.

4. Rechtliche Details müssen weiter konkretisiert werden

Zwar definiert das EnWG 2026 die Grundlagen, doch offene Punkte bleiben:

  • Wie erfolgt die Aufteilung bei mehreren Erzeugungsanlagen?
  • Welche Verantwortlichkeiten trägt der Lieferant innerhalb der Community?
  • Welche Fristen gelten für Datenbereitstellung und Bilanzierung?

Diese Lücken müssen durch Festlegungen der Bundesnetzagentur oder Marktkommunikationsregeln (WiM, MaBiS, GPKE) geschlossen werden.

Energy Sharing: Große Chance, aber ein mehrjähriger Umsetzungsprozess

Energy Sharing ist ein zentraler Hebel für lokale Energiegemeinschaften, niedrigere Strompreise, höhere Eigenverbrauchsquoten, mehr Beteiligung von Bürgern und Gewerbe, einen resilienteren Energiemarkt. 

Doch ähnlich wie bei Mieterstrom, der GGV oder den MK-Messkonzepten gilt: Zwischen Gesetz und funktionierender Umsetzung liegt ein erheblicher organisatorischer und technischer Weg. Wir erwarten:

Grafik: Energy Sharing ab 2026 - Prognose für zeitliche Entwicklung und Einordnung aus Expertensicht

2026 – rechtlicher Start, erste Pilotprojekte Frühe Märkte, erste bilanzielle Modelle, begrenzte Teilnehmerzahlen.

2027–2028 – standardisierte Prozessketten entstehen Netzbetreiber harmonisieren Abläufe, Lieferanten bauen Produkte, Messstellenbetreiber automatisieren Datenaustausch.

2029+ breiter Rollout und stabile Nutzung Energy Sharing wird ein skalierbares, massentaugliches Produkt.

Was bedeutet Energy Sharing für Gebäudeeigentümer, Genossenschaften und Projektentwickler?

  1. Früh vorbereiten lohnt sich: PV-Auslegung, Messkonzepte und Standortlogik sollten Energy-Sharing-Optionen direkt mitdenken.
  2. Prozesse nicht überschätzen: Der Rechtsrahmen ist nur der Anfang – operative Reife kommt später.
  3. Kooperationen gestalten: Energy-Sharing-Communities brauchen klare interne Regeln: Verteilungsschlüssel, Zuständigkeiten, Wechselprozesse.
  4. Mieterstrom und Energy Sharing werden sich ergänzen: Energy Sharing löst nicht alle Herausforderungen traditioneller Mieterstrommodelle – aber es erweitert die Möglichkeiten deutlich.

Ein zentraler Knackpunkt: Netzentgelte - ohne weitere Klarstellung droht Energy Sharing zu scheitern

Ein Thema, das in der politischen Diskussion aktuell noch weitgehend offen ist, betrifft die Netzentgelte. Im aktuellen Gesetzestext steht nicht, dass Energy-Sharing-Communities reduzierte Netzentgelte erhalten, obwohl genau das in vielen europäischen Modellen ein wesentlicher wirtschaftlicher Erfolgsfaktor ist. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn der lokal erzeugte und lokal verbrauchte Strom trotzdem das volle Netzentgelt zahlen muss,dann entsteht kein echter wirtschaftlicher Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Stromtarif. Das Geschäftsmodell verliert seine Attraktivität – für Haushalte, Gewerbe und Projektentwickler gleichermaßen.

In der Praxis bedeutet das: Ohne differenzierte oder reduzierte Netzentgelte besteht die Gefahr, dass Energy Sharing nicht kosteneffizient betrieben werden kann und damit zum ”Rohrkrepierer“ wird.

Mehrere Verbände, Energieexpert:innen und auch frühe Marktakteure fordern daher eine Netzentgeltreform, die lokale Stromnutzung belohnt und Netzbelastungen realistisch abbildet. Denn lokal geteilte Energie entlastet physikalisch das Netz, sie nutzt es nicht in gleicher Weise wie klassische Stromlieferungen über lange Distanzen. Ob die Bundesregierung nachsteuert, bleibt abzuwarten. Für ein funktionierendes Geschäftsmodell wäre es jedoch ein entscheidender Hebel.

Energy Sharing ist ein Meilenstein, aber kein “Startknopf”

Energy Sharing ab 2026 ist ein großer Schritt in Richtung dezentraler Energiegemeinschaften und bietet das Potenzial, erneuerbare Energien effizienter und gemeinschaftlicher zu nutzen. Doch ob sich das Modell wirtschaftlich durchsetzt, hängt maßgeblich davon ab, ob Netzentgelte fair angepasst werden. Bleibt die Netzentgeltstruktur unverändert, fehlen vielen Projekten die finanziellen Vorteile und Energy Sharing könnte bereits früh ins Stocken geraten. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung aus GGV, MK7 und ähnlichen Themen: Zwischen Gesetz und funktionierendem Markt liegen komplexe technische, regulatorische und prozessuale Herausforderungen. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um aus dem theoretischen Modell ein stabiles, skalierbares und automatisiertes System zu entwickeln. 

metergrid begleitet diese Entwicklung aktiv. Als einer der führenden Dienstleister für Mieterstrom, Messkonzepte und digitale Abrechnungssysteme unterstützen wir Projektentwickler, Eigentümer, Genossenschaften und Energie-Communities bereits heute bei: der Vorbereitung auf Energy Sharing, der Messkonzeptplanung, der Abrechnungssystematik, der Prozessintegration und der technischen Umsetzung im Rahmen der künftigen Marktprozesse.

Kurz gesagt: Die regulatorischen Grundlagen entstehen und metergrid steht als erfahrener Partner bereit, damit Energy-Sharing-Projekte von Anfang an fachlich sauber, wirtschaftlich tragfähig und langfristig erfolgreich aufgestellt werden.

Häufige Fragen:

Was ist Energy Sharing?

Energy Sharing bezeichnet das gemeinschaftliche Nutzen von Strom aus erneuerbaren Erzeugungsanlagen durch mehrere Letztverbraucher, zum Beispiel in Gebäuden, Quartieren oder Nachbarschaften. Der lokal erzeugte Strom wird bilanziell zugeordnet und über intelligente Messsysteme verteilt, ohne dass eine klassische Kundenanlage nötig ist. Ab 2026 schafft § 42c EnWG dafür erstmals einen eigenen rechtlichen Rahmen.

Welche Perspektiven eröffnet Energy Sharing für die Energiewende?

Energy Sharing ermöglicht eine stärkere Nutzung von lokal erzeugtem Strom und fördert dezentrale, gemeinschaftliche Energieversorgung. Dadurch können Stromkosten sinken, Eigenverbrauchsquoten steigen und mehr Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Energiewende teilhaben. Gleichzeitig trägt das Modell zu einer stabileren und resilienteren Energieinfrastruktur bei.

Was sind Vorteile und Nachteile von Energy Sharing?

Diese Vorteile und Nachteile bietet Energy Sharing unter anderem:

Vorteile

  • Fördert die Nutzung erneuerbarer Energien und stärkt lokale Energieversorgung und -dezentralisierung.
  • Kann zu günstigeren Stromkosten für Teilnehmende führen, da lokal erzeugter Strom direkt genutzt wird.
  • Ermöglicht breitere Bürgerbeteiligung an der Energiewende und schafft neue Gemeinschaftsmodelle.

Nachteile

  • Technische und rechtliche Anforderungen, etwa an digitale Mess- und Abrechnungssysteme, sind komplex.
  • Anfangsinvestitionen in Infrastruktur und Systeme können hoch sein.
  • Die Energieerzeugung hängt von erneuerbaren Quellen und Wetterbedingungen ab, was zu Schwankungen führen kann.

Ab wann ist Energy Sharing verfügbar und welche Herausforderungen gibt es aktuell noch?

Energy Sharing wird ab dem 1. Juni 2026 durch § 42c EnWG rechtlich möglich. In der Praxis werden jedoch noch mehrere Herausforderungen bestehen: Die flächendeckende Smart-Meter-Infrastruktur muss aufgebaut werden, neue Prozesse bei Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und Lieferanten sind nötig, und die unterschiedlichen Fähigkeiten der Netzbetreiber führen zu regional unterschiedlichen Startzeiten. Ein breiter, stabiler Rollout wird voraussichtlich erst ab 2029 realistisch sein.

Ist Energy Sharing eine Alternative zu Mieterstrom - und lassen sich die beiden Modelle kombinieren?

Energy Sharing ist kein vollständiger Ersatz für Mieterstrom, sondern eher eine ergänzende Option. Mieterstrom bleibt ein bewährtes, rentables und stabil umgesetztes Modell, das sich in vielen Projekten bereits bewährt hat. Energy Sharing eröffnet hingegen neue Chancen für die Energiewende, indem es Strom gemeinschaftlich und flexibel über Gebäude und Quartiere verteilt.

In vielen Fällen lassen sich beide Modelle kombinieren, etwa wenn Energy Sharing dort eingesetzt wird, wo klassische Mieterstrommodelle an technische oder rechtliche Grenzen stoßen. So können Eigentümer und Projektentwickler die Vorteile beider Ansätze optimal nutzen.

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